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Zum Konzert am 12. November:
Doris A. Caumanns: Klänge aus Zeit und Ewigkeit

Der Geistliche Chor an St. Georg überrascht das Publikum mit einer Stuttgarter Erstaufführung – und feiert die leisen Töne.

„Ach, dieser Monat trägt den Trauerflor…“, klagt Erich Kästner in seiner poetischen Charakteristik der einzelnen Monate über den November. Trüb, nass, düstere Gedenktage voll Vergänglichkeit und Abschied. Ein Konzert kann diese Stimmung aufnehmen und gleichzeitig spirituell vertiefen. „Ein Hauch von Ewigkeit“ war deshalb am Sonntag auch das Konzert des 2020 gegründeten Chors für Geistliche Musik mit dem zeitgeistigen Namen „VoxGe.org“ überschrieben. Und erste Adresse für Themen wie Vergänglichkeit und Memento mori sind Komponisten des Barock.

So erklingen unter der künstlerischen Leitung von Matthias Nassauer Werke bekannter Komponisten wie Bach und Vivaldi, zarte Klänge von Hugo Alfven (einziger Vertreter des 20. Jhs.) und Arcangelo Corelli – dazu eine Stuttgarter Erstaufführung der „Missa Visitationis“ (1665) des zu Unrecht unbekannten mährischen Komponisten Pavel Vejvanovsky (1640-1693). Mit mächtigen Akkorden des Orgelkonzerts a-Moll BWV 593 von J.S. Bach (1685-1750) eröffnet Peter Gehrmann das Konzert in der voll besetzten Kirche St. Georg. Streicher (Detlev und Petra Grevesmühl, Violinen, Krassimira Krasteva, Cello) und Orgel musizieren gemeinsam zwei Kirchensonaten von Arcangelo Corelli (1653-1713): Die Satzbezeichnungen entwickeln sich von schweren melancholischen Tönen („Grave“) zu einem hellen Allegro und leiten so das Publikum zu Harmonie und Zuversicht, was dankbar angenommen wird. Das Ensemble – allesamt gestandene Orchester- und Kammermusiker – bietet einen Aufschwung durchs Dunkel zum Licht.

Die schwungvollen, rhythmischen Läufe in atemberaubendem Tempo verraten dann die Handschrift von Antonio Vivaldi (1678-1741) und seiner „harmonischen Eingebung“ („L‘ Estro armonico“). Das rasante Tempo gipfelt in einem furiosen Allegro.

Mit einem „Concerto für zwei Trompeten und Orgel “ ist Francesco Manfredini (1684-1762) vertreten. Benedikt Michael Strambach und Sabrina Buck lassen ihre Trompeten von der Empore erschallen und füllen das Kirchenschiff mit festlichem Glanz.

Der Chor hat mit „Aftonen“ („Abendgesang“) von Hugo Alfven (1872-1960) einen zurückgenommenen, schwebenden Auftritt. „So leise wie der Sonnenschein, so leise darf die Hoffnung sein“, rezitiert Dirigent Matthias Nassauer ein Gedicht und gibt den leisen Tönen Raum in einer brüllend lauten und selbstgefälligen Welt. Der „Abendgesang“ für Chor und Instrumentalensemble kommt aus der Stille und führt wieder in diese zurück. Höhepunkt des Konzerts ist eine Stuttgarter Erstaufführung der „Missa Visitationis“ (1665) von Pavel J. Vejvanovsky. Der Chor beweist in dieser anspruchsvollen Messe hohes musikalisches Niveau und eine ausgefeilte Dynamik, und Matthias Nassauer dirigiert mit Verve und Hingabe. Die beiden Trompeten verleihen der Musik zusätzlich barocke Prachtentfaltung. Als Mitgabe auf den Heimweg erklingt „As the deer panteth for the water“ („Wie der Hirsch schreit nach frischem Wasser“) von Martin Nystrom.

„November: Kein Schatten, keine Sonne, keine Schmetterlinge, keine Bienen, kein Obst, keine Blumen, keine Blätter, keine Knospen“, seufzte der englische Schriftsteller Thomas Hood (1799-1845). Aber: Innehalten, den Rückzug der Natur miterleben, den „harmonischen Eingebungen“ von Barockkomponisten lauschen und die leisen Töne achten – das ist auch November…Fragen Sie den Chor „VoxGe.org“!

Wer will mitsingen? Chorproben finden außerhalb der Schulferien immer freitags von 19-21 Uhr im Gemeindehaus St. Georg, Heilbronner Straße 131, statt. Kontakt: www.voxge.org, info@voxge.org